Tag 117 // Das Jahr 2018 neigt sich also dem Ende zu. Sehr schnell ist es vergangen. Auch die Zeit auf unserer bisherigen Reise ist verflogen. Hier sind wir jetzt also gelandet. In Sydney. Silvester in Sydney soll ja angeblich ein besonderes Highlight sein und man muss es mal erlebt haben. Schon als kleines Kind war David immer davon begeistert, dass hier schon 10 Stunden früher als bei uns zu Hause Silvester gefeiert wird und ein neues Jahr beginnt. In den Nachrichten wird das am Silvesterabend jedes Jahr im Fernsehen gezeigt. Und jetzt sind wir hier und schauen uns das Ganze live an. Hoffen wir zumindest mal. Sehr aufregend auf jeden Fall. Wir machen uns das gewohnte Frühstück. Herrlich ist das. Unser Silvesterfrühstück. Ganz alleine sind wir wieder in der Wohnung. Das nutzen wir natürlich aus. Kein Andrew weit und breit. Nur ein fetter Schinken liegt seit Neuestem im Kühlschrank. Schaut fein aus. Ob der für uns gedacht ist? Wohl eher nicht. Finger weg, David! Okay, dann nicht. Wie schaut unser Plan für den Jahreswechsel aus? Also laut dem Mitarbeiter beim Info Stand für den SYDNYE 2018 sollten wir spätestens um 12 Uhr mittags beim Mrs Macquarie’s Point sein. Dort befindet sich ein Park und man hat einen wunderbaren Überblick über den Hafen und gute Sicht auf das Opernhaus und die Harbour Bridge, wo das Feuerwerk gezündet wird. Dort wollen wir hin. Zum Mrs Macquarie’s Point. Der befindet sich bei den Royal Botanic Gardens. Die sind aber natürlich zur Sicherheit abgesperrt. Die Bezeichnung „SYDNYE“ ist übrigens ausnahmsweise kein Tippfehler von unserer Seite, sondern steht für Sydney New Years Eve. Also zu Deutsch: Sydney Silvesterabend. Okay. Dann sollten wir uns beeilen, dass wir zumindest kurz vor 12 Uhr dort sind. Was brauchen wir mit? Gute Frage. Decken wären nicht schlecht. Sonnencreme, Kappe, Hut. Eine Flasche Wasser. Geld, Kameras und etwas wärmere Bekleidung für den späten Abend kann wahrscheinlich auch nicht schaden. Schnapskarten und ein paar Müsliriegel schmeißen wir auch noch in den Rucksack. Somit sind wir gerüstet für einen langen Tag. Die besten Plätze, welche kostenlos sind, werden bereits seit dem frühen Morgen von den Schaulustigen reserviert. Schlange stehen darf einem nicht zu blöd sein, wenn man zu Silvester in Sydney was sehen und erleben möchte. Wir sind auch keine Fans davon und Menschenmassen meiden wir normalerweise. Aber für das fette Sydney Feuerwerk machen wir heute mal eine Ausnahme. Mit den Öffis fahren wir problemlos bis in die Innenstadt. Dort spielt es sich schon ab. Viele Wege, Parks und Straßen sind bereits abgesperrt und jede Menge Security Personal ist im Einsatz um alles unter Kontrolle zu behalten und die heranströmenden Massen in die richtige Richtung zu dirigieren. Auch wir folgen mal blind der umgeleiteten Masse. So falsch können wir nicht sein. Die Richtung stimmt und unser Ziel befindet sich ganz in der Nähe. Wir kommen zu einem Fußballfeld. Oder ein Cricket Feld. Oder was die hier halt so für Sport treiben, die Australier. Man kann es nicht genau sagen, was es ist. Auf jeden Fall eine riesige Rasenfläche. Und darauf steht eine riesige Menschenmenge. Brav in Schlangenlinie aufgereiht. So viele Menschen. Unglaublich. Und die stellen sich alle nur für den einen Spot an, wo wir auch hinwollen. Wir wollen erst gar nicht wissen, was bei den anderen Spots los ist. Ein deutscher Bursche vor uns fragt einen der Ordner, ob dieser glaubt, dass wir an unserer Position der Schlange noch in den Park hineingelassen werden. Der Ordner antwortet, dass wir genau an der Kippe stehen und dass es sein kann, dass wir knapp drinnen oder knapp draußen sind. Okay, gut zu wissen. Oder eigentlich nicht gut zu wissen. Wir hoffen natürlich, dass wir noch reinkommen. Wir bleiben mal in der Schlange. Definitiv die längste Schlange, in der wir je gestanden haben und hoffentlich je stehen werden. Zum Glück ist es heute nicht besonders sonnig, sondern die meiste Zeit bewölkt. Das macht das Anstehen etwas erträglicher. Hin und wieder weht sogar ein kühles Lüftchen. 2 Stunden stehen wir an. Eveline glaubt nicht mehr so recht daran, dass wir hineinkommen. Doch hinter uns hat sich die Schlange seit unserer Ankunft noch einmal verdoppelt. Das stimmt uns dann doch wieder halbwegs optimistisch. Und als wir endlich beim Sicherheitscheck angekommen sind, wissen wir endlich, wir haben es tatsächlich geschafft. Wir werden auf Glasflaschen, Alkohol und natürlich Waffen durchsucht. Wir sind drin und werden Silvester in diesem Park beim Hafen verbringen. Und drinnen im Park geht schon die Post ab. Festival Stimmung. Food Trucks, Getränkestände, reihenweise Dixi Toiletten und auf dem Boden campierende und kauernde Menschenmassen. Alles wollen sie den perfekten Platz mit der besten Aussicht auf den Hafen. Stellenweise verdecken Bäume die Sicht. Auf den besten Plätzen mit der schönsten Aussicht sitzen die Menschen eigentlich schon aufeinander. Kein Fleckchen grüner Rasen ist mehr zu sehen. Alles ist von Strandtüchern, Decken und Campingsesseln belegt. Dort wo man quasi so gut wie gar nichts sieht, bekommt man logischerweise noch locker einen Platz. Aber schauen wir mal. Wir haben ja noch ein paar Stunden Zeit bis Mitternacht. 10 Stunden eigentlich noch, es ist erst 14 Uhr. Trotzdem spielen wir das Spielchen mit und suchen uns sicherheitshalber mal einen Platz, wo man halbwegs gut sieht. Ein bisschen Schatten kann nicht schaden, obwohl es eigentlich bewölkt ist. Deswegen fällt unsere Wahl auf einen Platz unter einem Baum. Zwei Klappsessel haben wir uns beim Eingang übrigens auch noch ausgeborgt. Bei einem Stand, ganz legal, gegen eine Leihgebühr. Die hatten ganz viele davon. Auf den Sesseln machen wir uns es jetzt mal gemütlich. Wir genehmigen uns gleich ein Bierchen, zur Feier des Tages, dass wir es bis hierhergeschafft haben. Der Park ist gesteckt voll mit Menschen. Wir waren beim letzten Schwung der Neuankömmlinge dabei. Nach uns kam dann nicht mehr viel nach. Die Schotten scheinen bereits dicht gemacht worden zu sein. Schon in der Schlange ist uns aufgefallen, dass es sich bei den vielen Touristen hauptsächlich um Deutsche handelt. So viel Deutsch haben wir schon lange nicht mehr gehört. Es hat uns aber auch nicht gerade gefehlt. Nur so als Randnotiz. Zwei Jungs kommen zu uns rüber, ziemlich bedient, beugen sich zu David auf den Boden runter und fragen: „Hey Man, do you know where we can buy drugs?“. – „What?“ – „You know… drugs?“ – „No, sorry my friend. I don‘t know.“ Hmmm… Das lassen wir mal so stehen. Wir denken nicht weiter darüber nach, warum sie ausgerechnet uns danach gefragt haben. Eine Runde Schnapsen geht sich jetzt wieder mal locker aus. Ein willkommener Zeitvertreib. David gewinnt. Wir verbringen den weiteren Nachmittag mit Essen, schnapsen und dem Versenden von Neujahrswünschen per WhatsApp. Zu Hause ist es zu diesem Zeitpunkt gerade erst mal ungefähr 7 Uhr morgens. Aber lieber gleich erledigen. Zum Essen holen wir uns übrigens Wagyu Beef Burger für David und ein Flatbread für Eveline von einem der Food Trucks gleich in unserer Nähe. Das Essen schmeckt wirklich sehr gut. Qualitativ sehr hochwertig, muss man schon sagen. Um ca. 19 Uhr ziehen immer dunklere Wolken auf und es sieht sehr nach einem Unwetter aus. Uns das Donnerwetter lässt dann nicht mehr lange auf sich warten. Es schüttet plötzlich wie aus Kübeln. Die hockende Menschenmenge löst sich auf. Alle sorgfältig ausgewählten und teilweise bestimmt schon seit 10 Stunden reservierten Plätze werden von den Besuchern wieder aufgegeben. Alle suchen irgendwo Schutz unter den Bäumen. Wir sitzen ja schon unter einem. Natürlich haben wir keinen Regenschutz dabei. Wieder muss David an die Worte seiner Oma denken. Wie damals schon in Kanada, als wir im strömenden Regen auf Vancouver Island unterwegs waren. „Host eh an Knirps a mid? Fois rengt?“ – „Na Oma, sowos brauch in ned“. Jetzt wäre ein Knirps wirklich edel. Aber was solls. Unser Rucksack hat praktischerweise eine Regenhülle „eingebaut“. Unsere Wertsachen sind somit zumindest mal safe. Eveline hat sich gerade noch rechtzeitig einen schwarzen Müllsack von unseren Sitznachbarn geschnorrt, als es zu tröpfeln begonnen hat. David verkriecht sich unter seine Decke. Echt eine Spitzenqualität diese 2 Euro Decke aus dem Dollarama in Kanada. Hält warm und sogar trocken. Wer hätte das gedacht. Da stehen wir jetzt also und warten das Gewitter ab. Nach einer halben Stunde ist das Schlimmste überstanden und die Karten für die besten Plätze im Park sind neu gemischt. Viele Leute sind ziemlich nass geworden, darunter viele Familien mit ihren Kindern. Sie ziehen jetzt alle von dannen. Wir schauen uns auch mal um, was es so an freigewordenen Plätzen abzustauben gibt. Das Gewitter hat tatsächlich dafür gesorgt, dass es auf den Rasenflächen ein wenig „lichter“ geworden ist . Wir finden einen netten Platz und stehen an dieser Stelle mal die nächste Stunde herum. Um 9 Uhr gibt es das erste Feuerwerk. Sehr schön ist es, aber noch nicht das volle Programm. Das ist eher das Feuerwerk für die Kinder, die dann ab nach Hause ins Bett müssen. Die Generalprobe für Mitternacht, könnte man es auch nennen. Wir testen bei dieser Gelegenheit mal unsere Kameras. Passt guat. Danach halten wir es auf unserem Platz nicht länger aus. Zu viele unentspannte Leute um uns herum. Good Vibrations only, bitte! Aber klar. Das passiert, wenn der Mensch in der Masse auftritt. Alle sind nass, es wird schon etwas frischer, alle sind schon lange hier. Hunger, Müde, Pipi, kalt… Da liegen schon bei einigen Persönchen die Nerven blank. Wir beschließen daher, den restlichen Abend bis Mitternacht herumzuspazieren. Wir holen uns noch ein Bier und gehen mal ein paar Runden im Park. Unsere Klappsessel bringen wir gleich zur Verleihstelle retour. Sie sind durch und durch nass und das Sitzen ist uns auf Grund der Nässe zu ungemütlich. Zum Abendessen holen wir uns noch Beef Ribs und Cheesy Fries von einem Food Truck. Schließlich finden wir ein nettes Plätzchen, wo wir uns vorstellen können, den Jahreswechsel zu vollziehen. Hier bleiben wir dann. Um Punkt 12 Uhr Mitternacht ist es dann endlich soweit. Das lange Warten hat sich ausgezahlt. Das fette Feuerwerk geht ab. Und es ist echt traumhaft. Prosit 2019! Alles Gute im neuen Jahr! Wahnsinn, was hier in die Luft geschossen wird. Sehr beeindruckend. Die Silvesterabende in Hong Kong und Kuala Lumpur waren schon sehr beindruckend, aber nichts ist vergleichbar mit diesem Feuerwerk hier in Sydney. Ganze 12 Minuten dauert das Schauspiel. Genug Zeit für Schmusen, Fotos, Videos und einfach nur genießen. Angeblich 8,5 Tonnen Feuerwerk im Wert von 3,7 Millionen Euro gehen hier gerade in die Luft. Ob da auch der Leiner seine Finger mit im Spiel hatte? 1,5 Millionen Zuschauer hat das Spektakel. Wir sind auch dabei. Als der ganze Zauber vorbei ist, hört man großen Jubel in der Menschenmenge. Und keine 5 Minuten später beginnt die große Völkerwanderung in Richtung Ausgang des Parks. Die Stände und Food Trucks schließen, kein Alkohol wird mehr ausgeschenkt. Alles wird dicht gemacht und mit den Aufräumarbeiten begonnen. Die Reinigungstrupps mit ihren orangenen Warnwesten nehmen schon Aufstellung. Wir gehen noch einmal eine Runde im Park. Pure Verwüstung hier. Wie am Traisen Strand am Montag nach dem Frequency. Sorry, dass wir schon wieder einen Frequency-Vergleich ziehen. Der Park und die Grünflächen gleichen auf jeden Fall einer Mülldeponie. Als die große Masse den Park verlassen hat, machen auch wir uns auf den Weg zu den Öffis. Beim Ausgang des Parks kaufen wir uns noch gemeinsam ein kleines Eis. Mit den Neujahrsvorsätzen muss man ja nicht gleich nach Mitternacht beginnen, oder? Mit dem Bus fahren wir wieder retour Richtung Maroubra. Dort angekommen, ist es kurz nach halb 3. Kein Andrew zu Hause. Der Schinken ist aber auch weg. Wird irgendwo mit dem Schinken feiern, der Gute. Wir gehen noch duschen und schreiben noch ein paar WhatsApp Nachrichten in die Heimat. Ein langer und anstrengender Silvestertag liegt hinter uns. Das Feuerwerk war echt herrlich. Ein nettes Erlebnis, welches wir nicht so schnell vergessen werden. Prosit 2019…
- Vor uns auf der Wiese im Park…
- Warten auf das Feuerwerk…